DFL-Investoren? Worum geht es überhaupt?

Die mögliche Beteiligung eines Investors an einer Tochterfirma der DFL – der sogenannten „MediaCo.“ – beschäftigt Fußballfans in ganz Deutschland seit nunmehr fast einem Jahr. Konnte im Mai 2023 noch ein solcher Einstieg verhindert werden, haben die 36 Vereine der ersten beiden Bundesligen auf der Mitgliederversammlung der DFL am 11.12.2023 den Weg für Verhandlungen mit potenziellen Investoren doch frei gemacht. Wir, ein überregionaler Zusammenschluss vieler Fanszenen in Deutschland, halten ein solches Engagement weiterhin für falsch und wollen diese Homepage dazu nutzen, eine breite Öffentlichkeit mit Informationen rund um dieses Thema zu versorgen.

Die DFL arbeitet seit geraumer Zeit daran, einen Investor an ihren Vermarktungsgeschäften zu beteiligen. Das ursprüngliche Vorhaben sah vor, einen Investor mit 12,5 % an einer Tochterfirma der DFL und deren Erlösen zu beteiligen. Im Gegenzug erhoffte sich die DFL einen Betrag von bis zu zwei Milliarden Euro, der in die digitale Infrastruktur der DFL und deren Internationalisierung (40 %) investiert werden sowie zu einem erheblichen Teil den Mitgliedern der DFL (60 %) direkt zufließen sollte. Bei einer ersten Abstimmung im Mai 2023 verfehlte dieses Vorhaben die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit, sodass der drohende Einstieg eines Investors zu diesem Zeitpunkt noch abgewehrt werden konnte.

Der „zweite Anlauf“, der ab Ende Oktober 2023 so richtig an Fahrt aufgenommen hat, sieht weiterhin die Gründung einer Tochterfirma durch die DFL vor, die die audiovisuellen Medienrechte der DFL vermarkten soll. Eine Beteiligung des Investors soll jetzt bei sechs bis neun Prozent liegen, wodurch der Investor im Gegenzug in eben dieser Höhe an Erlösen der Tochterfirma beteiligt werden soll. Der MediaCo. soll hingegen eine einmalige Summe in Höhe von bis zu einer Milliarde Euro zufließen. Anders als beim „ersten Versuch“ soll der durch den Investor eingebrachte Betrag von bis zu einer Milliarde Euro nun zu etwa 60 % in gemeinsame Projekte der Digitalisierung, zu 10 % in die Förderung der Auslandsvermarktung und zu den verbleibenden 30 % in einen Topf fließen, aus dem die nach Abschluss des Geschäfts fälligen Zahlungen an den Investor fünf Jahre lang ausgeglichen werden können. Das gesamte Vorhaben fußt dabei einzig und allein auf der Annahme, dass mit diesen Investitionen sowie dem vermeintlichen Know-how des Investors signifikant höhere Mehreinnahmen generiert werden können, die die fälligen Zahlungen an den Investor abdecken und darüber hinaus noch die Kassen der Klubs klingeln lassen sollen.

Wie bereits beim „ersten Anlauf“ herrscht jedoch Unklarheit darüber, ob und inwieweit der Investor Einflussmöglichkeiten in den Gremien der MediaCo. erhält. Der Ligaverband wird zwar nicht müde zu betonen, dass sich an der Entscheidungshoheit über Anstoßzeiten oder Austragungsorte nichts ändern werde, lässt aber weiterhin offen, ob der mögliche Investor ein Mitglied in der Geschäftsführung der Tochtergesellschaft stellen wird oder in welchem Umfang Vetorechte in den Gremien der Gesellschaft eingeräumt werden. In beiden Fällen bekäme der Investor Instrumente an die Hand, um Druck auf die DFL auszuüben und seine Interessen im Sinne einer besseren Vermarktung – und der damit für ihn verbundenen Gewinnsteigerung – durchzusetzen.

Die DFL erklärt selbst, dass die dem Investor eingeräumten Rechte dazu dienen sollen, Maßnahmen zur weiteren Vermarktung anzustoßen. Bei einer vom Businessplan negativ abweichenden Entwicklung des Vermarktungsgeschäfts, die die oben dargestellte Grundannahme wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen lassen würde, wäre es ohnehin im Interesse der Mitgliedervereine der DFL, weitere – auch extrem unpopuläre – Maßnahmen zu Vermarktungszwecken zu ergreifen. Die Verlegung von Spielen ins Ausland, eine weitere Aufsplittung der Spieltage oder die Einführung von Playoffs wären dann womöglich probate Mittel, um am Ende nicht mit Verlusten dazustehen.

Andere Länder, gleiche Investoren?

Neben den Möglichkeiten, in den Gremien Einfluss zu nehmen und einschneidende Maßnahmen zur weiteren Vermarktung anzustoßen, stehen insbesondere die als Investoren in Rede stehenden Gesellschaften als solche in der Kritik. Medienberichten zufolge befindet sich die DFL mit den Firmen „CVC“, „EQT“ und „Blackstone“ in Verhandlungen, wobei die Firma CVC die Pole-Position innehaben soll.

Bei allen drei Firmen handelt es sich um sog. Private-Equity-Firmen. Eine Private-Equity-Gesellschaft ist ein Unternehmen (= Beteiligungsgesellschaft), das außerbörslichen Unternehmen Eigenkapital oder eigenkapitalähnliche Finanzierungsmittel zur Verfügung stellt. Ziel ist es, im Gegenzug eine angemessene finanzielle Rendite zu erzielen. In den letzten Jahren ist hierbei auch der Profisport zusehends zu einem beliebten Investitionsobjekt solcher Firmen geworden.

Das französische Pendant der DFL, die Ligue de Football Professionel (LFP), ging im Jahr 2022 einen ähnlichen Deal mit der Investorenfirma CVC ein und veräußerte 13 Prozent der Anteile einer neu gegründeten Tochtergesellschaft, die die Liga seitdem insbesondere bei den TV-Rechten vermarktet. CVC stellte der LFP im Gegenzug 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung und ist dafür dauerhaft mit 13 Prozent an den Vermarktungserlösen beteiligt.

Die genaue Betrachtung dieses französischen Deals zeigt: Das Geschäft mit dem Investor bleibt eine Wette auf die Zukunft. Dort ist der Plan des Ligaverbandes – die Medienerlöse durch die Beteiligung des Investors signifikant zu steigern – nicht aufgegangen: Jetzt liegt es an den finanziell ähnlich schwer gebeutelten Vereinen, die versprochenen, weil einkalkulierten Erlöse an den Investor zu leisten. Auch wenn die DFL beabsichtigt, ausfallende Erlöse zunächst durch einen Topf auszugleichen, kann es nach dem Ende des fünfjährigen Ausgleichszeitraums hierzulande zu einem vergleichbaren Szenario kommen. Ein zu diesem Zeitpunkt weiterhin bestehender oder gar noch größerer Finanzierungsbedarf müsste dann durch eine Binnen- oder Fremdfinanzierung aufgebracht werden, was die DFL zum jetzigen Zeitpunkt ablehnt.

Auch in Spanien hat der Ligaverband „La Liga“ einen Deal mit CVC geschlossen. Für einen Betrag von 2 Milliarden Euro erhielt CVC 8,2 % der Anteile an den Fernseh- und Sponsoreneinnahmen des Ligaverbandes für die nächsten 50 Jahre. Diverse Interessenkonflikte, etwa die Beteiligung von CVC am Wettanbieter „Tipico“ und dem Engagement von Konkurrenzunternehmen, die bei vielen Bundesligisten als Sponsoren tätig sind, scheinen vorprogrammiert zu sein.

Darüber hinaus stellt der saudi-arabische Staatsfonds PIF, seit den 1970er-Jahren der wichtigste Investitionszweig des saudischen Königsreichs, einen der Finanziers von CVC dar. Wie dies mit den „Sustainability Guidelines“, die Teil des Lizensierungsprozesses sind, den selbstauferlegten „roten Linien“ sowie dem „Code of Conduct“ einzelner Mitgliedsvereine in Einklang zu bringen ist, wird man im Nachgang wohl nur schwerlich erklären oder gar der Öffentlichkeit verkaufen können.


CVC, Blacktone & EQT: Drei kurze Steckbriefe

CVC Capital Partners (CVC): Finanzunternehmen aus Luxemburg

  • wichtige Beteiligungen: Breitling, Evonik Industries, Parfümerie Douglas, Beiersdorf, Henkel, Bayer, Rheinmetall, Tipico
  • Handelnde Personen standen mehrfach wegen ihres aggressiven geschäftlichen Auftretens in der Kritik

Blackstone: Beteiligungsgesellschaft aus New York City,

  • wichtige Beteiligungen: Cineworld, Deutsche Telekom, Allianz, Jack Wolfskin
  • Das Unternehmen stand insbesondere in den USA wegen der Unterstützung des Wahlkampfes von Donald Trump und systematischer Kinderarbeit in der Kritik.

EQT: Beteiligungsgesellschaft aus Stockholm

  • wichtige Beteiligungen: Deutsche Glasfaser, kfzteile24, Schufa (Minderheitseigner)

Was ist die „50+1-Regel“ wirklich noch wert?

Neben der grundsätzlichen Kritik an dem Vorhaben und den kolpoltierten Geldgebern lässt insbesondere das Prozedere rund um die Abstimmung viele Fragen – und bei den Befürwortern der 50+1-Regel außerdem noch einige Sorgenfalten – zurück.

Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies: Die Muttervereine müssen die Kontrolle über diejenigen Gesellschaften verfügen, in die sie überwiegend ihre Profifußballabteilungen ausgegliedert haben.

Im Nachgang an die Abstimmung am 11.12.2023, die die DFL geheim hat durchführen lassen, wurde spekuliert, dass Martin Kind (Geschäftsführer von Hannover 96) entgegen einer Weisung des Stammvereins für die Aufnahme von Verhandlungen mit den Investoren gestimmt und damit gegen die 50+1-Regel verstoßen haben könnte. Die DFL hatte vorab Kenntnis von der Weisung des Stammvereins mit entsprechendem Verweis auf die 50+1-Regel. Dennoch hat die DFL proaktiv das Weisungsrecht durch die von sich aus als geheim angesetzte Abstimmung eingeschränkt, obwohl sie ein uneingeschränktes Weisungsrecht selbst als ein Kernelement der 50+1-Regel ansieht. Dafür hätte sie allerdings sicherstellen müssen, dass das Abstimmungsverhalten von Hannover 96 entsprechend der Weisung umgesetzt und gewertet wird. Besonders brisant: Es könnte sich hierbei um die eine Stimme gehandelt haben, die schlussendlich das Zünglein an der Waage war und zur Aufnahme von Verhandlungen mit den Investoren ausreichte.

Die genaue rechtliche Bewertung, werden Juristen unter sich ausmachen oder möglicherweise sogar Gerichte entscheiden müssen. Fest steht aber, dass die 50+1-Regel – eines der wichtigsten Aushängeschilder des deutschen Fußballs und die letzte Bastion für echte Mitbestimmung durch die Mitglieder der Stammvereine – ganz erheblich durch die Art und Weise der Abstimmung in Mitleidenschaft gezogen wurde. Jetzt zeigt sich, wie ernst es die DFL und ihre Mitglieder, die vor Kurzem noch mit großer Mehrheit für ihren Erhalt votiert haben, mit der 50+1-Regel und der damit verbundenen Mitbestimmungsmöglichkeit durch die Mitglieder der Stammvereine meinen. Eine Abstimmung, die auf einem Regelbruch basiert, kann nicht als legitim betrachtet und muss wiederholt werden.


50+1-Regel: Kapitalanlegern ist es nach dieser Vorschrift der Satzung der DFL nicht möglich, die Stimmmehrheit in Kapitalgesellschaften zu übernehmen. In § 8 Abs. 3 der DFL-Satzung heißt es:

Eine Kapitalgesellschaft kann nur eine Lizenz für die Lizenzligen und damit die Mitgliedschaft im DFL e.V. erwerben, wenn ein Verein mehrheitlich an ihr beteiligt ist, der über eine eigene Fußballabteilung verfügt, und der im Zeitpunkt, in dem sie sich erstmals für eine Lizenz bewirbt, sportlich für die Teilnahme an einer Lizenzliga qualifiziert ist. Der Verein („Mutterverein“) muss rechtlich unabhängig im Sinn des § 8 Nr. 2 sein. Der Mutterverein ist an der Gesellschaft mehrheitlich beteiligt („Kapitalgesellschaft“), wenn er über 50 % der Stimmenanteile zuzüglich mindestens eines weiteren Stimmenanteils in der Versammlung der Anteilseigner verfügt. Bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien muss der Mutterverein oder eine von ihm zu 100 % beherrschte Tochter die Stellung des Komplementärs haben.“


Welche Alternativen gibt es?

Ein auf Seiten der DFL etwaig bestehender Finanzierungsbedarf könnte durch eine Binnenfinanzierung, wie sie z.B. der SC Freiburg vorschlägt, aus den jetzigen Medienerlösen realisiert werden. Gleiches gilt für eine Fremdfinanzierung in Form eines klassischen Darlehens, das von Seiten vieler Verantwortlichen ebenso abgelehnt wird.

Es zeigt sich wie so oft in der jüngeren Vergangenheit, dass die Funktionäre wieder einmal auf scheinbar einfache, aber letztlich doch kurzsichtige Lösungen setzen. Die in weiten Teilen vorherrschende Urangst, dass die Bundesliga monetär abgehängt und so in der sportlichen Bedeutungslosigkeit verschwinden könnte, führt erneut dazu, dass weiter nur Symptome bekämpft werden, statt die eigentlichen Probleme nachhaltig an den Wurzeln zu packen. So sollten die Klubs unserer Überzeugung nach eher darauf hinwirken, dass der Wettbewerb im Inland (z. B. durch eine gerechtere Verteilung der TV-Erlöse) attraktiver gestaltet und der auf europäischer Ebene zunehmend ausufernde Fußballmarkt als Treiber vieler Fehlentwicklungen stärker reguliert wird (z. B. durch die Etablierung eines echten „Financial Fairplay“, der Unterbindung von „Multi-Club Ownership“-Strukturen oder der Einführung eines „Salary Cap“).