Seit Monaten hören wir Debatten rund um das Thema des Investoreneinstiegs. Während Verband und Vereine sich von Abstimmung zu Abstimmung hangeln, gehen die Fanszenen Deutschlands auf die Barrikaden und versuchen mit allen Mitteln auf die Gefahren dieses Handelns hinzuweisen.
Worum es dabei im Groben geht wurde schon mehrfach durchgekaut. Oberflächlich gesagt, sollen 6-9% der DFL gegen eine Zahlung von 1 Milliarde € an einen Investor abgetreten werden, welcher im Gegenzug 20 Jahre lang an Lizenzerlösen aus dem Verkauf der Medienrechte profitieren soll. Mittlerweile haben sich zwei potenzielle Investoren herauskristallisiert: CVC Capital Partners & Blackstone Group
Ein Blick hinter die Kulissen lohnt sich:
Beide Firmen sind sogenannte Private-Equity Gesellschaften, deren Hauptgeschäft die Beteiligung an Unternehmen darstellt. Schauen wir uns beide Unternehmen im Detail an:
CVC Capital Partners | The Blackstone Group | |
Firmensitz | Luxemburg | USA |
Relevante Beteiligungen | La Liga mit 8,2% Deutsche Telekom (Sponsor FC Bayern) mit 4,5% Ligue 1 mit 13% Tipico (Sponsor DFL & FC Bayern) mit 60% | Allianz (Namensgeber Allianz-Arena) 5,3% David Blitzer (s.u.) ist Investor bei u.a. FC Augsburg, Crystal Palace, Philadelphia 76ers (Basketball), New Jersey Devils (Eishockey) und mehr |
Bisher scheint CVC die Nase im Rennen um den Einstieg die Nase vorne zu haben und kann auch Erfahrungen mit Sportinvestments im Fußball (Spanien & Frankreich) sowie im Rugby, Tennis und Volleyball nachweisen. Blackstone ist indirekt in verschiedenen Vereinen präsent. Doch woher beziehen die Unternehmen ihr Geld? Was genau leisten die Unternehmen? Werfen wir einen Blick nach Saudi-Arabien, Spanien und Frankreich:
Saudi Arabien und ihr Investment im Sport
Wer den Begriff Sportswashing kennt weiß, dass dies eine Methodik ist, um von Problemen wie Menschenrechtsverletzungen abzulenken. Ein prägnantes Beispiel ist die umstrittene Fußball-Weltmeisterschaft in Katar, bei der die Arbeitsbedingungen und Menschenrechtsverletzungen international kritisiert wurden. Gleiches ist auch Interesse von Saudi-Arabien, wo man mithilfe von neuen Sportinvestments Dinge wie der höchsten Hinrichtungsrate weltweit (lt. Amnesty International), bis zu 45 Jahren Haftstrafe für Social Media Posts oder Reiseverbote und Sperrung der Konten, nicht vorhandenen Frauenrechten, Ausbeutung von Migranten (Stichwort: Einbehaltung der Pässe & Lohn) oder Stockhiebe, Gefängnis oder Todesstrafe für Homosexualität vertuschen möchte.
Der staatliche „Public Investment Fond“ (PIF) mit einem Gesamtvolumen von 700 Milliarden US Dollar finanziert unter anderem die saudische Liga, wessen Transferausgaben letztes Jahr bei fast 1 Milliarde Dollar lagen, mit verschwindend geringen Einnahmen. Die Spiele werden kaum besucht (Al-Riyad FC im Schnitt 1.400 Zuschauer, bei Al-Wehda FC immerhin 3.000). Zur Außendarstellung müssen daher vereinzelte Top-Spiele herhalten, mit von europäischen Fanszenen kopierten Choreographien. Fußball ist hier kein Volkssport, sondern nur ein weiterer Unterhaltungsfaktor im Wüstenstaat. Was das für die 2034 dort auszutragende WM bedeutet, sah man bereits in Katar. Schlechte Bedingungen für Arbeiter, gekaufte Zuschauer und leere Stadien nach dem Turnier.
Dass Saudisches Geld im europäischen Fußball immer mehr an Bedeutung gewinnt, sieht man in Spanien: Seit 2019 wird die spanische Supercopa de España teilweise in Saudi-Arabien ausgetragen, was dem spanischen Verband bis 2022 120 Millionen Euro gebracht hat, 240 Millionen soll es nun für die Spiele bis 2029 geben. Man stelle sich vor, wir dürften unsere Vereine im DFB-Pokal in Saudi-Arabien zusehen. Zudem darf sich „Visit Saudi“ nun offizieller Reisepartner der La Liga nennen.
Diese Investitionen sind nicht nur finanzieller Natur, sondern auch symbolisch bedeutend. Sie dienen dazu, das internationale Image von Saudi-Arabien aufzubessern. Die saudischen Investoren legen ihren Fokus daher nicht primär auf sportlichen Erfolg, sondern auf Macht und Einfluss. Die Ziele der Öffnung ist für sie klar und offensichtlich: Sie streben Anerkennung auf dem Weltmarkt an, um als wichtiger Handelspartner wahrgenommen zu werden, lukrative Rohstoffdeals abzuschließen und Touristen anzuziehen – nicht zuletzt als neues Mitglied der BRICS. Zudem dienen die Investments auch dazu, das staatliche Projekt Saudi Visions 2030 voranzutreiben, das einen massiven Ausbau der Tourismusbranche vorsieht und bis zum Ende des Jahrzehnts Millionen neue Besucher ins Land locken soll. Diese schleichende Anbiederung geht jedoch ohne eine Liberalisierung des Werte- oder Justizsystems vonstatten. Mit der Vorstellung eines Fußballs, der durch seine Fans getragen wird, in dem jeder einzelne Stadionbesucher gleichwertig erscheint, ist das nicht vereinbar.
Doch was haben wir oder die Investoren damit zu tun?
CVC & Blackstone werden vom saudi-arabischen Staatsfonds PIF mitfinanziert, saudisches Geld fließt also jetzt schon nach Spanien und auch Frankreich:
In der spanischen La Liga stieg CVC im Jahr 2021 für die nächsten 50! Jahre gegen einen Wert von 2,7 Milliarden € und einer Beteiligung i.H.v. 8,2% an den Einnahmen der 1. Und 2. Liga an Fernseh- und Sponsoreneinnahmen ein. Spaniens Fußballverbandschef lässt sich mit den Worten „Dieser Deal ist desaströs, erbärmlich und, wie ich finde, illegal.“ und „Mit einem normalen Kredit kommst du viel besser weg.“, deutlich als Gegner dieses Vertrags einordnen.
Auch zwischen der Liga und den Klubs scheint es zu kriseln. Von den 42 Mitgliedervereinen unterschrieben „nur“ 38 den Vertrag. Die übrigen Vereine sind Zweitligist Ibiza und – jetzt wird’s hart – Real Madrid, FC Barcelona und Athletic Bilbao. Das eingenommene Geld wird in Spanien analog zu der Verteilung der TV-Gelder vorgenommen, wodurch die erfolgreichen Teams wieder mehr profitieren und die Schere immer weiter auseinander geht. Die Großclubs haben durch eigene Deals deutlich höhere Einnahmen und versuchen derzeit gerichtlich gegen den CVC-Deal vorzugehen, da der Investor natürlich durch eine attraktive Liga auch von den genannten Klubs profitiert. Der spanische Verband indes sieht mit dem Vertrag eine Verletzung des spanischen Sportrechts und der Interessen der Amateurvereine, welche hier völlig außen vor sind.
Die französische Ligue 1 stand nach der Coronakrise vor großen finanziellen Herausforderungen und ließ sich in finanzieller Not auf einen Deal mit CVC ein. Die Beteiligung i.H.v. 13% an Einnahmen aus der Vermarktung der Liga wurde mit 1,5 Milliarden € entlohnt. Der Haken? Dieser Deal hat kein festgelegtes Ende! Somit muss die Ligue 1 dauerhaft 13% ihrer o.a. Einnahmen an CVC abgeben.
Dafür ließ sich der LFP-Präsident mit den Worten „Der französische Fußball ist gerettet“ feiern.
Wie auch in Spanien rechnete man in Frankreich mit erhöhten Einnahmen, hier bis zu 1 Milliarde €, allerdings zeigt die aktuelle Ausschreibung der Rechtevergabe bis zur Saison 2028/29, dass dem nicht so ist. Alle buhlen um das selbe Geld der Sender und Streamingdienste, die auch die Rechte an der Championsleague, der neuen Klub-WM und den anderen großen Ligen. Die ernüchternden Angebote liegen weit von der erwarteten Milliarde entfernt, die französische Liga hat sich schlicht und ergreifend verzockt! „Die Klubs haben das Geld von CVC im Voraus ausgegeben“, sagte Bouchet beim Sender RMC und wies auf den dauerhaften Verkauf der Anteile durch die LFP hin: „Jetzt müssen sie ein Leben lang 13 Prozent der Erlöse an CVC zahlen. Ein Leben lang!“ Wenn der LFP keine signifikante Steigerung der Einnahmen ab 2024/25 gelingt, gehen die Klubs zukünftig ggf. mit weniger Geld also zuvor ohne Investor aus.
Auch in Frankreich gehen mittlerweile Fans auf die Barrikaden und protestieren mit Bannern wie z.B.: „LFP: Vergesst eure Strafen für Pyro“, schließlich habe der Klub noch ausreichend „CVC-Guthaben“ beim Verband. Aktuell wird der Einstieg von CVC auf Beschwerde der Antikorruptionsvereinigung durch die Nationale Finanzstaatsanwaltschaft (PNF) untersucht.
Zusätzlich zum Fußball war CVC lange Zeit eine große Nummer in der Formel 1. Hierbei hielt das Unternehmen lange Zeit 100% die Holding der Formel 1 Firmen, verkaufte ihre Anteile aber profitbringend an weitere Investmentgesellschaften. Hier wird wieder deutlich, dass derartige Unternehmen rein an der Gewinnmaximierung interessiert sind und auch ein Weiterverkauf an moralisch noch verwerflichere Investoren möglich ist.
Da CVC also bereits in Spanien und Frankreich investiert ist, wäre es aufgrund von Insiderwissen möglich, etwa bei Geboten für den Erwerb von medienrechten, die Ligen gegeneinander auszuspielen und dadurch höhere Rendite für die Firma zu erzielen.
Wie wir vorhin erfahren haben, bezieht auch die amerikanische Gesellschaft Blackstone Geld aus Saudi-Arabien. Zwar ist Blackstone selbst bisher nicht in Sport investiert, jedoch plant man dort großflächig auf den Zug aufzuspringen, nicht nur im Fußball, sondern vor allem auch im amerikanischen Sport (NBA, MLB & NFL). Doch auch wenn Blackstone selbst noch nicht im Sport investiert ist, findet man entsprechende Bestrebungen in ihren Reihen. David Blitzer, Leiter der Abteilung „Global Tactical Opportunities“ und Teil des Verwaltungsausschusses der Firma besitzt über Tochtergesellschaften Anteile an verschiedenen Fußballvereinen wie z.B. dem FC Augsburg, Crystal Palace FC, ADO Den Haag, Brøndby IF und viele mehr.
Blackstone betreibt ihr Lobbyarbeit bei der DFL mit Herrn Johannes Ruppert. Dieser war bei der DFL bereits enger Vertrauter des ehemaligen Geschäftsführers Christian Seifert, ehe er zu Blackstone wechselte. Beim niederländischen ADO Den Haag, in welchem Herr David Blitzer bekanntermaßen auch investiert ist, sitzt Herr Ruppert im Aufsichtsrat. Ob das ein Zufall ist?
Derweil wird laut Sportschau in Kreisen der DFL erzählt, dass Johannes Ruppert auch im Aufsichtsrat der neu zu gründenden DFL-Tochterfirma sitzen werde, sollte Blackstone den Zuschlag erhalten.
Bei beiden Unternehmen sind Interessenskonflikte zu erwarten, denn laut der Sportschau wird dem zukünftigen Investor wohl ein Vetorecht bei „besonders wichtigen Entscheidungen“ eingeräumt. Zu wessen Gunsten würden sich Investoren jeweils entscheiden?
Abschließend lässt sich sagen, dass ein Einstieg eines Investors in der DFL sehr viele Gefahren mit sich bringt. Der Abschluss eines 20 Jahre langen Vertrags ist ein reines Pokerspiel. Zwar betont die DFL immer wieder, dass eine rote Linie (Übertragung von Spielen im Ausland, Entzerrung der Spieltage) nicht überschritten werde, aber wie valide ist diese Aussage in Anbetracht der Umstände im Ausland?
Wollen wir uns mit Geld aus einem Land finanzieren, dass mit Medienzensur, Frauenunterdrückung und Todesstrafen ganz klar gegen unsere Werte und vor allem der Werte der DFL stößt?
Die Erfahrungen der anderen Ligen zeigen, dass dies ein Spiel mit dem Feuer ist. Lasst uns unseren Fußball im Gegensatz zu den Franzosen wirklich retten, NEIN zum Investoreneinstieg!
Quellen: Sportschau, ZDF, CVC, FAZ, WDR, Amnesty International, Deutschlandfunk